Was ist Myelofibrose

Sie haben die Diagnose Myelofibrose (MF) erhalten? Dann wissen Sie eventuell bereits, dass MF eine chronische Erkrankung des Knochenmarks ist. Dabei wird das blutbildende Knochenmark (lat. myelo) durch Bindegewebe ersetzt und verfasert (lat. fibrose). Die Verfaserung kann ohne vorsichtige Beobachtung und möglichem Eingreifen immer weiter voranschreiten.

Verbunden ist dies mit einer Veränderung der Zahl der Blutzellen: Zuerst werden zu viele produziert, später mit zunehmender Verfaserung des Knochenmarks immer weniger.

Die MF kann entweder als primäre Myelofibrose (PMF), das heisst ohne direkte Vorerkrankung, auftreten. Oder sie entsteht aus einer anderen Erkrankung, häufig einer Polycythaeamia vera (PV) oder einer Essentiellen Thrombozythämie (ET) und wird dann als sekundäre Myelofibrose bezeichnet.

Was geschieht bei einer Myelofibrose?

Die genauen Ursachen der MF sind noch nicht bekannt. Experten gehen aber davon aus, dass es sich um eine Veränderung der Stammzellen im Knochenmark handelt. Stammzellen sind Körperzellen, die sich teilen und in verschiedene Zelltypen oder Gewebe entwickeln können: Im Knochenmark bildet eine gesunde Stammzelle über verschiedene Vorstufen funktionsfähige Blutzellen, was man Blutbildung (Hämatopoese) nennt. Drei wichtige Arten von Blutzellen sind:

  • rote Blutkörperchen (Erythrozyten)
  • weisse Blutkörperchen (Leukozyten)
  • Blutplättchen (Thrombozyten)

Im Knochenmark haben wir normalerweise Blutzellen verschiedener Entwicklungsstufen, die in Bindegewebe eingelagert sind. Ein gesundes Knochenmark enthält also beides: Blutzellen und Bindegewebe. Bei der MF ist die Bildung von Bindegewebe im Knochenmark jedoch deutlich gesteigert. Dies äussert sich in zwei Veränderungen:

  • die Störung der Blutbildung
  • die Verfaserung des Knochenmarks

Wie verläuft die Myelofibrose?

Eine MF kann unterschiedlich verlaufen. Eine Rolle spielt dabei, in welcher Risikogruppe Sie sich befinden (häufig unterteilt in Niedrigrisiko, Intermediärrisiko 1 und 2 oder Hochrisiko), und wie weit die Verfaserung Ihres Knochenmarks bereits fortgeschritten ist. Hier wird eine frühe von einer späten Phase der Erkrankung unterschieden.

 

Frühe Phase: Die Blutzellen vermehren sich

In der frühen Phase der Erkrankung bilden sich zunächst vermehrt Blutzellen. Bei einer MF sind in erster Linie die Blutplättchen (Thrombozyten) und die weissen Blutkörperchen (Leukozyten) von der Überproduktion betroffen. Je nach Art der Blutzellen bezeichnet man diese Veränderungen im Blut als:

  • Thrombozytose: erhöhte Anzahl der Blutplättchen (Thrombozyten)
  • Leukozytose: erhöhte Anzahl der weissen Blutkörperchen (Leukozyten)

Die Blutbildung erfolgt in der frühen Phase der MF hauptsächlich im Knochenmark, das zu diesem Zeitpunkt noch weitgehend funktioniert. In dieser frühen Phase kann es bereits zu einer Vergrösserung der Milz kommen, da diese am Abbau der übermässig produzierten Blutzellen beteiligt ist.

Späte Phase: Zu wenige Blutzellen und körperliche Beschwerden

In der späten Phase ist das Knochenmark so stark verfasert (besteht also zunehmend aus Bindegewebe anstatt aus blutbildenden Zellen), dass es nicht mehr genug Blutzellen bilden kann. Dies betrifft alle Arten von Blutzellen, d. h. sowohl die Blutplättchen als auch die weissen Blutkörperchen und roten Blutkörperchen. Hauptsächlich macht sich eine Reduktion der Blutplättchen und der roten Blutkörperchen bemerkbar.

Knochenmark in der frühen und späten Phase der Myelofibrose

Erhöhte Blutungsneigung – wenn es an Blutplättchen mangelt

Wenn in der späten Phase der MF zu wenige Blutplättchen vorhanden sind, ist die Blutgerinnung beeinträchtigt. Es kann bereits bei kleinen Verletzungen zu stärkeren und länger andauernden Blutungen kommen.

Blutarmut – wenn es an roten Blutkörperchen mangelt

Eine verringerte Anzahl roter Blutkörperchen führt zu einer Blutarmut (Anämie), mit Symptomen wie Müdigkeit und Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit. Eine Anämie kann sich auch bereits in den früheren Stadien der MF entwickeln. Dann ist sie jedoch meist weniger ausgeprägt und ruft oft keine oder kaum körperliche Beschwerden hervor. Je weiter die Anämie fortschreitet, desto mehr Symptome machen sich bemerkbar.

Splenomegalie – die Vergrösserung der Milz

Wenn die Blutbildung nicht mehr richtig im Knochenmark stattfinden kann und daher zunehmend in die Milz und die Leber verlagert wird, werden diese Organe im Verlauf der MF immer grösser. Die Vergrösserung der Milz heisst Splenomegalie, die Vergrösserung der Leber Hepatomegalie.

In der späten Phase liegt häufig eine sogenannte Riesenmilz vor, die Schmerzen im oberen Bauchbereich hervorrufen kann. Zudem ist es möglich, dass die Milz so gross wird, dass sie andere Organe wie den Magen und Darm verdrängt. Dies kann negative Auswirkungen auf die Nahrungsaufnahme und die Verdauung haben.

Sprechen Sie Beschwerden frühzeitig beim Arzt an. Per Ultraschall oder Abtasten kann eine eventuelle Vergrösserung der Milz gut erkannt werden. Lassen Sie sich jährlich kontrollieren, denn Veränderungen können ein Anlass sein, die Therapie umzustellen

Quellen:

  1. Onkopedia Leitlinie Primäre Myelofibrose (Online, 17.06.2021). https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/primaere-myelofibrose-pmf/@@guideline/html/index.html
  2. Kompetenznetz Leukämie. Leukämien (Online, 19.07.2021). https://www.kompetenznetz-leukaemie.de
  3. MPN Research Foundation (Online, 17.06.2021) https://www.mpnresearchfoundation.org/primary-myelofibrosis-pmf/

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