Symptome der Myelofibrose

Wenn Sie an Myelofibrose (MF) erkrankt sind, können Sie vermutlich gar nicht genau sagen, wann Ihre Krankheit angefangen hat. Denn eine MF beginnt meist schleichend. Zwar lassen sich im Blut in der Frühphase die ersten Veränderungen nachweisen, doch körperliche Beschwerden treten meist noch nicht auf. Diese machen sich oft erst nach Jahren bemerkbar.

Die Symptome hängen also davon ab, in welcher Phase der Erkrankung Sie sich befinden bzw. wie weit die Verfaserung des Knochenmarks fortgeschritten ist.

Haben Sie bereits eigene Erfahrungen mit körperlichen Symptomen der MF gemacht? Viele Betroffene berichten von chronischer Müdigkeit und Nachtschweiss. In späteren Jahren der Erkrankung klagen viele Patienten vermehrt über ein frühes Sättigungsgefühl sowie Bauch- und Knochenschmerzen. All diese Symptome werden auch konstitutionelle Symptome genannt, sind krankheitsbedingt und können behandelt werden.

Typisch Myelofibrose – was Betroffene belastet

MF-Symptome

Abb. 1: Typische Symptome der Myelofibrose.

Viele der aufgezeigten Symptome werden vor allem durch sogenannte Zytokine verursacht. Das sind Botenstoffe des Immunsystems, die bei der MF vermehrt freigesetzt werden.

Die verschiedenen Symptome können Ihre Lebensqualität beeinträchtigen, weil sie die körperliche Leistungsfähigkeit und damit auch die Arbeitsfähigkeit mehr oder weniger stark einschränken. Sie treten jedoch nicht bei jedem Patienten auf und können unterschiedlich stark ausgeprägt sein.

Vergrösserung der Milz – Symptome und Folgen

Wenn blutbildende Zellen nicht mehr ausreichend im verfaserten Knochenmark gebildet werden, übernimmt die Milz die Aufgabe der Blutbildung. Dadurch kommt es in späteren Phasen der MF zu einer Vergrösserung der Milz (Splenomegalie). Das Organ schwillt dabei so weit an, dass andere Organe im Bauchraum verdrängt werden und deren Funktion beeinträchtigt wird.

Die Milz hat verschiedene Aufgaben, wie überalterte Blutzellen zu erkennen und diese abzubauen. Durch die Splenomegalie kann auch der Abbau aller Blutkörperchen verstärkt sein, was eventuell zu niedrigen Blutwerten beiträgt. Je nachdem, welche Blutzellen betroffen sind, trägt dies zur Entstehung einer Anämie, Blutungsneigung oder Infektanfälligkeit bei.

Patienten mit einer Splenomegalie entwickeln vielfach folgende Symptome:

  • Völlegefühl
  • Bauchbeschwerden durch den Druck der Milz auf andere Organe
  • Blutarmut (Anämie), Blässe
  • Müdigkeit und allgemeine Schwäche

Anämie: zu wenige rote Blutkörperchen

Von einer Anämie spricht Ihr Arzt, wenn die Anzahl der roten Blutkörperchen oder die Menge an rotem Blutfarbstoff (Hämoglobin) unter den Normalwert gesunken ist. Hämoglobin ist ein wichtiger Bestandteil der roten Blutkörperchen, welche für den Transport des Sauerstoffs im Körper zuständig sind.

Eine Anämie kann grundsätzlich schon in einer frühen Phase der MF auftreten. Sie ist dann jedoch meist schwach ausgeprägt und ruft nur wenige oder keine Beschwerden hervor. Symptome wie Müdigkeit und verminderte Leistungsfähigkeit nehmen erst im späteren Krankheitsverlauf spürbar zu.

Generell kann eine Anämie verschiedene Ursachen haben. Bei der MF hängt die Anämie mit der gestörten Blutbildung zusammen. Die Folge: Es werden immer weniger Blutzellen, darunter rote Blutkörperchen, produziert. Ein Mangel an roten Blutkörperchen führt schliesslich zur Blutarmut.

Erhöhtes Blutungsrisiko: zu wenige Blutplättchen

In der späteren, fortgeschrittenen Phase der MF werden häufig zu wenige Blutplättchen (Thrombozyten) gebildet. Diese sind jedoch für die Blutgerinnung notwendig. Als Folge kommt es zu einer verstärkten Blutungsneigung: Durch den Mangel an Blutplättchen können bereits bei kleinsten Verletzungen stärkere Blutungen entstehen. Dieser Mangel an Blutplättchen wird Thrombozytopenie genannt.

Darüber hinaus macht sich eine verstärkte Blutungsneigung häufig durch stecknadelkopfgrosse Einblutungen in der Haut und den Schleimhäuten (Petechien) sowie durch Blutergüsse (Hämatome) oder durch plötzliches Nasenbluten bemerkbar. Dies ist meist erst der Fall, wenn die Anzahl an Blutplättchen stark reduziert ist.

Warum die Symptome für die Prognose wichtig sind

Wie die MF verlaufen wird und welche Risiken mit dem Verlauf der Erkrankung verbunden sind, kann Ihr Arzt vor allem anhand von zwei Kriterien abschätzen:
Er wird zum einen an den Veränderungen im Blutbild – wie z. B. einer Erhöhung der weissen Blutkörperchen oder dem vermehrten Auftreten nicht ausgereifter Zellen im Blut – Hinweise auf eine erhöhte Krankheitsaktivität sehen.

Dazu kommen zum anderen die erwähnten körperlichen Symptome, die die Prognose verschlechtern können und die somit für den Arzt ein Anzeichen für ein erhöhtes Risiko sind.

Ein internationales Expertenteam hat verschiedene Berechnungsmethoden entwickelt, mit der anhand der Blutwerte und der Symptome das Risiko eines ungünstigen Krankheitsverlaufs errechnet werden kann: eine davon ist die DIPSS-Plus. DIPSS ist die Abkürzung für „Dynamic International Prognostic Scoring System“ (dynamisches internationales Vorhersage-Berechnungssystem). Anhand des DIPPS-Plus werden vier Risikogruppen eingeteilt.

Die vier Risikogruppen bei der Myelofibrose

Die Risikofaktoren des Krankheitsverlaufs der MF sind folgende:

  • Alter über 65 Jahre
  • Blutarmut (Hämoglobinwert < 10 g/dl)
  • Erhöhte Anzahl weisser Blutkörperchen (> 25 Millionen/ml Blut)
  • Mindestens ein konstitutionelles Symptom (z. B. Nachtschweiss, Gewichtsverlust, Fieber)
  • 1 % oder mehr unreife Blutzellen (sog. Blasten) im Blut

Für jeden Faktor wird ein Punkt vergeben, für Blutarmut zwei. Symptome zählen als ein Risikofaktor, unabhängig von ihrer Gesamtanzahl. Zudem werden genetische Faktoren, Zahl der Blutplättchen und die Abhängigkeit von Transfusionen berücksichtigt. Damit ergeben sich diese vier Risikogruppen.

Risikogruppen in der MF

Tab. 1: Einteilung der Prognosegruppen bei Myelofibrose.

Wie Sie Ihre Beschwerden für den Arzt am besten festhalten

Wichtig ist, dass Sie die Stärke Ihrer Symptome festhalten und mit Ihrem Arzt über Beschwerden und deren Verlauf sprechen. Bei der regelmässigen Erfassung Ihrer Blutwerte und Symptomen hilft Ihnen der MPN-Tracker. Die in diesem Online-Tagebuch verwendete Symptom-Skala wurde von Experten entwickelt, um die zehn häufigsten Symptome zu erfassen. Die Bewertung erfolgt über eine Skala von 0 bis 10, wobei die 0 für „nicht vorhanden“ steht und die 10 für „schlimmstes erdenkliches Ausmass“. So können Sie die Schwere Ihrer Symptome sehr genau bewerten und über den Vergleich der wöchentlichen Gesamtwerte die Entwicklung verfolgen, um sie bei Ihrem nächsten Arztbesuch zu besprechen.

Quellen:

  1. Onkopedia Leitlinie Primäre Myelofibrose. (Online, 23.06.2021) https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/primaere-myelofibrose-pmf/@@guideline/html/index.html#litID0EJ4AG
  2. MedizInfo, Funktion der Milz. (Online, 19.07.2021) http://www.medizinfo.de/haematologie/milz/milzfunktion.shtml
  3. MedizInfo, Anämie. (Online, 19.07.2021) http://www.medizinfo.de/haematologie/anaemie/start.shtml
  4. Doccheck Flexikon, Thrombozytopenie. (Online, 19.07.2021) https://flexikon.doccheck.com/de/Thrombozytopenie .
  5. Gangat et al. DIPPS plus: a refined dynamic international prognostic scoring system for primary myelofibrosis that incorporates prognostic information from karyotype, platelet count, and transfusion status. Journal of Clinical Oncology: Official Journal of the American Society of Clinical Oncology 2011 February 1, 29 (4): 392-7

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