Wichtige Tipps für Angehörige

Ebenso wie Ihr erkrankter Angehöriger stehen Sie mit der Diagnose Polycythaemia vera (PV) vor neuen Anforderungen. Denn die Erkrankung muss praktisch bewältigt sowie innerlich verarbeitet werden. Diese Herausforderung kann einen Einfluss auf Stimmung und Verhalten Ihres Angehörigen haben und den Umgang miteinander belasten.

Es ist deshalb wichtig, die durch die Krankheit verursachten Probleme ebenso anzusprechen wie die gegenseitigen Erwartungen, Fragen und Bedürfnisse. Nur wenn man die Dinge konkret benennt, kann man gemeinsam eine Lösung ansteuern. Manche Probleme werden überhaupt erst durch ein Gespräch bewusst. Umgekehrt können unklare oder unausgesprochene Erwartungen zu Spannungen oder Enttäuschungen führen.

Alles eine Frage der Einstellung

Jeder Mensch hat seine eigene Strategie, um mit Schwierigkeiten umzugehen. Gerade eine dauerhafte Herausforderung wie die chronische Erkrankung PV erfordert eine grundsätzliche Einstellung, mit der man der Situation begegnet. Die Art und Weise, wie der Einzelne versucht, seine Situation zu bewältigen, wird auch als Coping bezeichnet. Das ist ein bewusster Prozess mit dem Ziel, eine bestehende oder zu erwartende belastende (Lebens-)Situation zu bewältigen. Coping umfasst alle Anstrengungen, die Ihr Angehöriger während des gesamten Krankheitsverlaufs unternimmt, um die Krankheit und ihre Folgen zu meistern.

Patienten können ihr Coping aktiv mit einer kämpferischen Grundeinstellung gestalten. Dies kann z. B. so aussehen, dass sie

  • von sich aus nach Informationen und sozialer Unterstützung suchen,
  • sich durch verschiedene Aktivitäten bewusst dagegen schützen, ständig über ihre Krankheit nachzudenken.

Wenn Ihr Angehöriger auf diese Weise aktiv mit seiner Krankheit umgeht, kann er seine Lebensqualität günstig beeinflussen.
Es gibt auch Patienten, die sich bewusst passiv verhalten („passives Coping“). Sie ziehen sich z. B. aus der Gemeinschaft zurück oder nehmen eine ängstliche oder resignative Grundhaltung ein. Diese Form des Copings wird sich eher ungünstig auf das seelische Befinden und damit auch die Lebensqualität auswirken.

Wenn Sie die persönliche Einstellung Ihres Angehörigen einordnen können, werden Sie auch sein Verhalten besser verstehen und können gezielter reagieren – sei es, indem Sie seine positiven Antriebskräfte verstärken oder ihn bei eher passiver Haltung motivieren.

Angehörige mit Wissen unterstützen

Kommunikation ist der Schlüssel

Das Wissen über die Erkrankung hilft Ihnen, eigene Unsicherheiten abzubauen und mit realistischen Erwartungen an die Situation heranzugehen. Wenn Sie die möglichen Auswirkungen der Erkrankung kennen und einen Überblick über die konkreten Handlungsmöglichkeiten haben, können Sie Ihren Angehörigen mit entsprechenden Empfehlungen bei seinen Entscheidungen unterstützen und stärken.

Was gute Gespräche brauchen

Bei der Kommunikation zählt nicht nur, dass überhaupt gesprochen wird, um die Bedürfnisse und Erwartungen zu klären oder gemeinsam die nächsten Schritte zu planen. Um ein gutes Gespräch zu führen, können Sie auch folgende Punkte berücksichtigen:

Die Gesprächsatmosphäre kann hilfreich sein: Eine entspannte Umgebung, in der Sie sich beide wohlfühlen, erleichtert die offene Aussprache.

Den richtigen Zeitpunkt wählen: Führen Sie wichtige Gespräche möglichst zeitnah – aber berücksichtigen Sie auch die Faktoren Belastung und Stress, die Ihr Gespräch nicht beeinträchtigen sollten!

Die Themen konkretisieren: Therapiemöglichkeiten, Symptome, Ängste, Erwartungen – greifen Sie ein ganz bestimmtes Thema auf, damit das Gespräch auch ein Ergebnis haben kann. Manchmal erleichtert es allerdings auch, überhaupt gesprochen zu haben.

Respekt erweisen: Versuchen Sie, gut zuzuhören – denn es geht darum, erst einmal die gegenseitigen Bedürfnisse besser zu verstehen und auch einmal eine andere Sichtweise zur Kenntnis zu nehmen. Wichtig auch: Äussern Sie Vorschläge und Ideen, statt Vorschriften zu machen.

Kraft investieren und erneuern

Angehörige von Betroffenen erleben meist eine intensive Einbindung in deren Leben – und auch Sie werden an vielen Sorgen und Problemen teilhaben und helfen, die Herausforderungen zu bewältigen. Für dieses Engagement benötigen Sie Energie, Gelassenheit und Geduld. Die Kräfte, die Sie dafür benötigen, müssen Sie jedoch auch wieder erneuern.

Nehmen Sie sich genügend Zeit, um die eigenen Reserven zu erneuern und wieder aufzutanken. Wer sich ohne entsprechende Auszeiten und ohne Ausgleich nur verausgabt, läuft Gefahr in einen Erschöpfungszustand oder ein Stimmungstief zu geraten. Achten Sie deshalb besonders auf erste Warnsignale wie Schlafschwierigkeiten oder Lustlosigkeit – am besten aber nehmen Sie sich die Zeit für Ihre Erholung frühzeitig und planen ausreichend persönliches Programm in die Woche ein – alles, was Ihnen Freude macht, seien es nun sportliche oder kulturelle Aktivitäten oder ein Treffen mit Freunden.

Ein Wechsel der Perspektive kann helfen

Jeder kennt das: Manchmal kommt man mit einem bestimmten Problem nicht richtig weiter und steckt mit seinen Gedanken fest. Ein Gespräch mit einer Person, die einen anderen Blickwinkel auf die Situation hat, kann sehr hilfreich sein, um Lösungsansätze für ungeklärte Probleme zu finden.

Tauschen Sie sich mit vertrauten Menschen aus, holen Sie sich Anregungen und Ideen. Auch professionelle Hilfe steht Ihnen zur Verfügung – in der ganzen Breite der möglichen Probleme. So kann ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt oder anderem Fachpersonal viel eigene Recherche ersetzen. Auch wenn es um psychologische Fragen geht, können Sie kompetente Unterstützung finden. Sprechen Sie bei allen Fragen, für die eine professionelle Lösung erforderlich wird, Ihren Arzt an – er sollte die weiterführenden Kontaktmöglichkeiten kennen.

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