Ursachen und Häufigkeit der Immunthrombozytopenie

Eine Immunthrombozytopenie (ITP) ist eine seltene Erkrankung. Sie kann ohne erkennbare Ursache oder z. B. nach einer Infektion auftreten. Sowohl Erwachsene, als auch Kinder sind betroffen.

In Europa erkranken jährlich zwei bis vier Erwachsene und etwa genauso viele Kinder pro 100.000. Tritt die Erkrankung ohne erkennbaren Auslöser auf, bezeichnet man dies in Fachkreisen als primäre ITP. Von der sekundären Form spricht man, wenn ein Zusammenhang mit z. B. der Einnahme bestimmter Medikamente, einer Infektionskrankheit oder Immundefekten herzustellen ist. Ca. 80 % der ITP sind primär, 20 % sekundär.

Autoimmunerkrankung – Wenn das Immunsystem den eigenen Körper angreift

Das Immunsystem soll den Körper vor Krankheitserregern schützen. Als Voraussetzung müssen „feindliche Eindringlinge“ wie z. B. Viren und Bakterien erkannt werden. Diese Fähigkeit ist zum Teil angeboren, zum Teil erworben. In manchen Fällen greift das Immunsystem aber den eigenen Körper an und schadet ihm. Werden fälschlicherweise Antikörper gebildet, die gegen körpereigene Strukturen gerichtet sind (Autoantikörper), spricht man von einer Autoimmunerkrankung (von griech. autos = selbst). Wodurch eine Autoimmunerkrankung ausgelöst wird, ist noch nicht klar. Für manche besteht allerdings eine genetische Disposition (die Anlage dafür, eine solche Erkrankung zu entwickeln, ist erblich bedingt). Eine ITP ist aber nicht vererbbar.
Beispiele für Autoimmunerkrankungen sind ausser ITP u. a. verschiedene Haut-, Schilddrüsen- oder Darmerkrankungen.

Autoantikörper angreifen

Abb.1: Im Normalzustand bekämpft das Immunsystem „Fremdstoffe“ (Antigene) u. a. durch die Bildung von spezifischen Antikörpern. Bei ITP kommt es fälschlicherweise zur Antikörperbildung gegen körpereigene Thrombozyten.

Blutplättchen (Thrombozyten) – Bildung, Abbau und Rolle bei der Blutstillung

Blutplättchen sind kleine Blutkörperchen, die eine wichtige Rolle bei der Blutstillung und bei der Reparatur von Gewebsdefekten nach einer Blutgefässverletzung spielen. Um diese Funktionen erfüllen zu können, müssen die Blutplättchen „gesund“ sein und ihre Zahl im Blut darf nicht zu niedrig sein. Blutplättchen werden im Knochenmark gebildet und vor allem in der Milz abgebaut. Zu einem Mangel kann es durch verminderte Bildung oder vermehrten Abbau kommen.

Normalwerte der Blutplättchen und Abweichungen

Als normal wird ein Referenzbereich von 150.000–350.000 Blutplättchen/µl Blut angesehen. Fällt die Zahl der Blutplättchen unter 150.000/µl, bezeichnet man dies als Thrombozytopenie, steigt sie über 450.000/µl, spricht man von einer Thrombozytose.

Ungleichgewicht zwischen Blutplättchen

Abb. 2: Bei der Immunthrombozytopenie ist das Gleichgewicht zwischen der Produktion der Blutplättchen im Knochenmark und deren Abbau in der Milz gestört.

Ist die Zahl der Blutplättchen zu niedrig, kann dies zu einer Blutungsneigung führen. Allerdings sind hierfür meist sehr geringe Blutplättchenzahlen unter 30.000/µl verantwortlich. Ursache hierfür ist in der Regel entweder eine verminderte Blutplättchenbildung im Knochenmark oder ein vermehrter Abbau in der Milz, die durch verschiedenste Faktoren ausgelöst werden können.

Bildung der Blutplättchen im Knochenmark, Abbau in der Milz

Neben z. B. weissen und roten Blutkörperchen (Leukozyten und Erythrozyten) werden im Knochenmark Blutplättchen aus Vorläuferzellen (Megakaryozyten) gebildet. Wenn sie ausgereift sind, gelangen sie in den Blutkreislauf. Die Lebensdauer der Blutplättchen wird je nach Literatur zwischen fünf und zwölf Tagen angegeben. Ihr Abbau erfolgt vor allem in der Milz, aber auch in Leber und Lunge.

Lebenslauf der Blutplätchen

Aktivierung der Thrombozyten und Beitrag zur Blutstillung

Im Blut befinden sich die Blutplättchen normalerweise in einem inaktiven Zustand. Kommt es zu einer Blutgefässverletzung, werden sie aktiviert und dadurch fähig, sich an die Gefässwand zu heften (Adhäsion). Ausserdem verbinden sie sich mit anderen Blutplättchen (Aggregation) und bilden so einen „Blutpfropfen“ (Thrombus), der die Verletzung abdichten kann. Bei der Blutstillung und beim Wundverschluss spielen eine Vielzahl weiterer komplexer Vorgänge und Substanzen eine wichtige Rolle, die mit den Blutplättchen zusammenspielen.

Quellen:

  1. Terrell, Beebe, Vesely, Neas, Segal & George (2010). The incidence of immune thrombocytopenic purpura in children and adults: A critical review of published reports. Am J Hematol; 85(3):174–180. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/20131303/
  2. Onkopedia-Leitlinie Immunthrombozytopenie (Online, 22.06.2021). https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/immunthrombozytopenie-itp/@@view/html/index.html
  3. Netdoktor Autoimmunerkrankung (Online, 22.06.2021). https://www.netdoktor.de/krankheiten/autoimmunerkrankung/
  4. DocCheck Flexikon Thrombozyt (Online, 22.06.2021). https://flexikon.doccheck.com/de/Thrombozyt
  5. DocCheck Flexikon Thrombozytose (Online, 22.06.2021). https://flexikon.doccheck.com/de/Thrombozytose
  6. DocCheck Flexikon Thrombozytopenie (Online, 22.06.2021). https://flexikon.doccheck.com/de/Thrombozytopenie
  7. DocCheck Flexikon Hämostase (Online, 22.06.2021). http://flexikon.doccheck.com/de/H%C3%A4mostase
  8. Burchardt A, Panse J. Tischatlas ITP/SAA 2018, Georg Thieme Verlag, Stuttgart

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